Götterdämmerung

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  • Am Sonntag dämmerte mein 31. Geburtstag. Während ich noch im Bett lag, tänzelte Alexander vorsichtig ins Schlafzimmer, stets darauf bedacht, den Teller mit dem kleinen Kuchen und der Kerze sicher an sein Ziel zu bringen - zu mir.
    Dies gelang mit Bravour. Kaum hatte er den Teller vor mir abgestellt, sog er die Luft in seine Wangen. "Nein! Das ist Papas Geburtstagskerze, die pustest du nicht aus.", schallte Mamas Stimme von der Türe. Alexander hielt inne, schien einen Moment zu überlegen und pustete nicht die Kerze aus. Stattdessen drängte er mich, schnell die Kerze auszupusten, damit er den Kuchen essen könne.
    Natürlich musste ich erst überlegen, was ich mir wünsche und Alexanders Ungeduld wuchs beständig, so wie mein Grinsen. Kaum hatte ich schließlich die Flamme ausgeblasen, reagierte der Zwergenmann blitzeschnell, rupfte die Kerze aus dem Kuchen und biss herzhaft ins Gebäck.
    Wir konnten uns schließlich darauf einigen, dass wir abwechselnd hineinbeißen - erst Alexander, dann ich, dann wieder Alexander und wieder von vorn - mehr oder minder abwechselnd.

    Ein Geschenk gab es natürlich auch, sogar mehrere. Der Kracher waren natürlich die Karten für Richard Wagners Götterdämmerung im Essener Allto-Theater. Damit war ab dem Zeitpunkt auch geklärt, warum ich an meinem Geburtstag ab dem Nachmittag keine Zeit mehr hatte, da die Aufführung tatsächlich am selben Tag stattfand.

    Um 16:30 begann die Vorführung und endete kurz nach 22 Uhr. Es gab zwei Pausen, die tatsächliche Spielzeit lag knapp über fünf Stunden. Hört sich erstmal erschlagend an, aber ich muss sagen, das war es absolut nicht. Das Orchester wusste von der ersten Minute an zu überzeugen und auch die Akteure auf der Bühne konnten mit ihren Stimmen glänzen. Ich muss sagen, akustisch war die Veranstaltung überragend!
    Leider ließ die visuelle Umsetzung etwas zu wünschen übrig. Zu Beginn gab es begleitend zur Mutter Erde und den Spinnerinnen einen Film, der das besungene visualisieren sollte - ich glaube, dahinter sollte ein künstlerischer Anspruch stecken, der sich mir jedoch verschloss. Die Weltesche wurde zum überdimensionalen Brokkoli und die Figuren waren grotesk entstellt. Thema grotesk ... da wären wir wieder bei der Darstellerin der Mutter Erde ... eine alte Frau mit langen weißen Haaren - NACKT! Ich war froh, nicht näher daran gesessen zu haben, es waren auch so schon zu viele Details. Andere visuelle Tiefpunkte waren die Darstellung von Gunthers Truppen als Hooligan-Bande oder die Orgie der Rheinbewohner, deren Sinn sich mir total verschloss.
    Für mich jedoch geht es bei der Oper um die akustischen Reize und die wussten vollends zu überzeugen. Ein überaus gelungener Abend.

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